SchreibWerkstatt
Neue Texte Frankfurter Autoren
122. ProLesen – Themenwoche 12. – 17. Mai 2025 im Bibliothekszentrum Sachsenhausen, Obergeschos
Ralf Schwob. Ein Frankfurter Autor zu Gast bei PRO LESEN - Förderverein für Literatur & Kultur in Frankfurt - Sachsenhausen
Donnerstagabend-Studio am 15. Mai 2025
Obergeschoss. 19:00 – 20:30 Uhr
Autorenlesung
Ralf Schwob liest aus seinem neuen Roman
Osthafen
Ein Frankfurt Krimi
Anschließend Publikumsgespräch. Eintritt frei
Während der Veranstaltungswoche werden an einem Büchertisch im Obergeschoss des Bibliothekszentrums weitere Titel von Ralf Schwob ausgestellt. Er ist zugänglich während der Öffnungszeiten der Bücherei.

Etikettenschwindel
Liebe Leserin, lieber Leser,
die seit Jahrzehnten bewusst in Kauf genommene Zerstörung der natürlichen Umwelt durch lebensfeindliche Ressourcenausbeutung und Produktionsmethoden ist die Ursache des von Menschen gemachten Klimawandels. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Sie wurde bereits 1972 publiziert, nämlich in dem Buch „Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit“.
Zeitlich parallel fand in Deutschland unter nachdenklichen Zeitgenossen auch eine Diskussion über den „staatsmonopolistischen Kapitalismus“ (Stamokap) statt, der vor allem in der SPD kontrovers geführt wurde. Diese Theorie basiert auf Forschungen des Ökonomen Rudolf Hilferding, der sie in seinem Hauptwerk „Das Finanzkapital“ detailliert beschrieb. Es geht um die Verschmelzung des Staats mit den Profitzielen der Privatwirtschaft. Je weniger demokratisch die staatlichen Strukturen seien, umso stärker und rücksichtsloser entwickelte sich die monopolistische Wirtschaft. Konsumenten könnten nicht regulierend in die Prozesse einwirken, denn sie würden manipuliert, würden in eine Eindimensionalität gepresst.
Damals war uns Jüngeren klar, dass die Gesellschaft nicht einer humanen Zukunft entgegensteuern könnte, sondern eher einer Endzeit. Das Konsumparadies schien in der Hölle zu enden. Es ging um Sein oder Nichtsein, es ging um eine Systemfrage. Diese musste gestellt und beantwortet werden. Wir haben uns – trotz unserer vielen Protestaktionen - letztlich davor gedrückt.
Daran hat sich nach meiner Wahrnehmung substantiell nichts geändert. Seit 38 Jahren lebe ich in Frankfurt am Main und wundere mich über den zunehmenden Etikettenschwindel in Sachen Umweltschutz. Ja, es gibt innerstädtische Parkanlagen, im Süden befindet sich ein großer Stadtwald. Doch alle sind bereits mehr oder weniger von Spuren des Untergangs gezeichnet. Es wurden rot-markierte Radwege angelegt – parallel zu Autostraßen. Folglich kann man dort die Abgase besonders intensiv inhalieren. Zusätzlich zum Schutzhelm sind eigentlich Gasmasken notwendig. Eine Pkw-Maut für die erweiterte Innenstadt lehnt der Magistrat seit Jahren ab. Nahezu im gesamten Stadtgebiet überschreiten die Emissionen bereits zu normalen Verkehrszeiten die Grenzwerte. Wegen schlecht organisierter Bauarbeiten sorgten dort Umleitungen monatelang für katastrophal hohe Abgaskonzentrationen. Und auch die Flächenversiegelung schreitet trotz gegenteiliger Bekundungen voran. Ebenso der Bau von Eigenheimen im Umland. Von wem haben unsere Vorfahren eigentlich die Grundstücke erworben? Von den Göttern? Oder wurde das ursprüngliche Gemeineigentum an Boden, Gewässern und Luft widerrechtlich privatisiert, also geklaut?
Alle reden vom Klimawandel, indirekt auch jene, die ihn leugnen. Ich habe den Eindruck, dass die Diskussion darüber zwischenzeitlich eine Art Unverbindlichkeit angenommen hat. Gewissermaßen entstand ein Smalltalk unter solchen, denen die Probleme klar sind, die aber dennoch nichts daran ändern wollen. Dabei wächst die Gefahr rasant. Es bleibt uns nur noch wenig Zeit für Gegenmaßnahmen.
Verkehrsforscher in Brüssel, Amsterdam, Paris und London haben festgestellt, dass der öffentliche Verkehrsraum zu klein ist, als dass man ihn unter Fußgängern, Radfahrern, Pkw und öffentlichen Verkehrsmitteln sinnvoll aufteilen könnte. Deswegen seien Prioritäten notwendig. Diese müssten die Fußgänger und der ÖPNV sein.
Das Thema ist komplex. Und es bedürfte zur Lösung einer revolutionären Bereitschaft. Stattdessen reduziert sich der Wille zur Veränderung auf das Wählen der Grünen. Es führt zu dem Gefühl, etwas für die Umwelt und gegen die Klimakatastrophe getan zu haben. Aber auch zu der Gewissheit, dass sich durch diese Partei garantiert nichts ändern wird. Und dass man keine Angst vor Experimenten haben muss.
Bleiben Sie kritisch, insbesondere gegenüber Vereinfachungen.
Ihr Klaus Philipp Mertens