In seinem Roman „1984“ schildert George Orwell eine Gesellschaft, in der eine Oligarchie die Macht ergriffen hat. An ihrer Spitze steht der „Großer Bruder“, der den Überwachungsstaat symbolisiert. Das System führt permanent Scheinkriege gegen konkurrierende Supermächte. Sämtliche ethischen und demokratischen Grundsätze hat es umgewertet und dadurch abgeschafft. So wird Krieg als Frieden deklariert, Freiheit als Sklaverei, Unwissen als Stärke.
Lange Zeit galt Orwells politische Science Fiction als Warnung vor autoritären Systemen. Vor allem vor Stalinismus und Faschismus. Doch kaum einer hätte es für möglich gehalten, dass sogar die USA einmal zu den menschenfeindlichen Regimen gezählt würden – auch wenn Vietnam- und Irakkrieg manche demokratischen Träume platzen ließen. Aber seit Donald Trumps zweiter Präsidentschaft ist alles anders. Wie ein Irrer mit Allmachtsphantasien, der in einer forensischen Psychiatrie inhaftiert ist, hält er seine Dekrete hoch, auf denen vor allem seine unverhältnismäßig große Unterschrift auffällt. Ein Gernegroß, der die ihm auf Zeit treuhänderisch überantwortete politische Macht missbraucht.
Neben dem Suizidprogramm für das eigene Land (Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, Freifahrtschein für die Gas- und Ölindustrie) erhebt Trump Ansprüche auf Regionen anderer Länder, etwa auf Grönland und den Panamakanal. Und er sinniert öffentlich darüber, dass Kanada eigentlich ein US-Bundesstaat werden müsste. Den von der israelischen Armee auf Anordnung von Netanjahu zerschossenen Gaza-Streifen will er zu einer Rivera des Nahen Ostens umbauen – selbstredend ohne Palästinenser. Die will er umsiedeln, nicht nach Florida oder New York, sondern in irgendwelche Elendsbrachen.
Seinen eigenen Worten zufolge liebt er Zölle. Mexiko, Kanada und China hat er sie bereits angedroht. Derzeit steht die endgültige Entscheidung noch aus. Auch die EU steht auf seiner Liste. Es ist zu hoffen, dass ihm die Europäer klar machen, dass IT-Produzenten wie Apple, Microsoft, Google, Intel, Nvidia, Oracle oder HP durch europäische Zölle ihr zweitgrößtes Absatzgebiet verlieren würden. Es ist vorstellbar, dass Trump als Druckmittel seine persönliche SA, die „Proud Boys,“ in Bewegung setzen könnte. Nachdem er die Schläger nach dem Überfall auf den Kongress begnadigt hatte, werden sie ihm vermutlich in Treue fest folgen - und untergehen.
Trumps Spiritus Rector, Elon Musk, säubert derweil den Regierungsapparat von vermeintlich unnötigem Ballast. Die Entwicklungshilfe ist dem ehemaligen Südafrikaner und Apartheid-Befürworter ohnehin kein Geld wert.
Trotz dieser und anderer Angriffe auf den Staat und dessen liberale Verfassung erscheint mir das demokratische Amerika als paralysiert. Es wehren sich zu wenig gegen den Staatsstreich der Ultrareaktionäre, der sich gegen jeden nicht angepassten Bürger richtet. Trump will alle, die mit legalen demokratischen Mitteln gegen seine Präsidentschaft kämpften, bestrafen.
„Haltet fest zusammen, wehrt euch, leistet Widerstand, gegen Trump & Musk & Co im Land“ rufe ich den Amerikanern zu.
Während die Intellektuellen noch abwägen, belegt Trump die Mitglieder des Internationalen Gerichtshofs mit Sanktionen, weil das Gericht gegen Netanjahu wegen dessen Kriegsführung ermittelt. Elon Musk, Trumps Zauberlehrling, wünscht sich sogar ein Deutschland nach den Maßstäben der AfD. Seine deutsche Kollaborateurin Alice Weidel hat Hitler längst zum Kommunisten umgedeutet und Stalin zum Nazi. Das gefällt den amerikanischen Analphabeten.
Von den neuen US-Usurpatoren beherrscht zwar niemand das verstehende Lesen und das logische Denken und Schreiben. Gerade deswegen sollten alle anderen, die ihren Verstand noch nicht verloren haben, in den Akten des Nürnberger Kriegsverbrecherprozesses nachschlagen. Darin wird so ziemlich alles, was die Trumpisten propagieren, als Verbrechen gegen das Völkerrecht (also gegen die Menschlichkeit und gegen das internationale Kriegsrecht) gebrandmarkt.
Donald Trump rüstet zum Krieg gegen Anstand und Demokratie. Auch der EU hat er gedroht. Europa muss ihm klar machen, dass ihm ein Wirtschaftskrieg die eigene Existenz kosten würde.
© Redaktion ProLesen Frankfurt a.M. / 2025
Frederik Derné