Das kritische Tagebuch

Wen verrät die SPD morgen?

Die SPD in Frankfurt und Hessen nach der Abwahl von Peter Feldmann und vor der Landtagswahl

Das Gebäude des Hessischen Landtags im Wiesbadener Stadtschloss

In der „Frankfurter Rundschau“ riet Pitt von Bebenburg der Bundesinnenministerin Nancy Faeser, sich als Spitzenkandidatin der SPD für die Landtagswahl im Herbst 2023 zu positionieren. Denn der SPD in Hessen fehlten Persönlichkeiten mit überregionalem Bekanntheitsgrad, sie hingegen erwiese sich nicht nur im Bundeskabinett als ministrabel, sondern tauge auch zur hessischen Ministerpräsidentin. Ihr Amt in Berlin könnte sich jedoch im Wahlkampf als kontraproduktiv erweisen.

 

Als reale Belastung für die SPD sehe ich jedoch eher das Profil der Partei in Hessens größter Stadt, in Frankfurt. Dort haben sich die Sozialdemokraten in eine von Schwarz und Grün dominierte neoliberale Einheitsfront gegen Oberbürgermeister Peter Feldmann einbinden lassen. Letzterer wurde mittlerweile abgewählt. Doch das entscheidende Argument für den gemeinsamen Abwahlantrag der Stadtverordnetenversammlung, nämlich eine angeblich drohende Verurteilung wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung, bricht mit jedem Prozesstag mehr in sich zusammen. Fachkundige Juristen hatten ohnehin von Beginn an erhebliche Bedenken geäußert.

 

Peter Feldmann hat gute Chancen, dass ihn das Landgericht voll rehabilitiert. Und die Beweise der Staatsanwaltschaft als Manipulationen und Verfälschungen verwirft, die von einer gelenkten Kampagne in Umlauf gesetzt wurden. Auf einen Nenner gebracht würde das nichts anderes bedeuten, als einen Oberbürgermeister und Parteigenossen wider besseres Wissen zu Gunsten der politischen Gegner abgeschossen zu haben. Eine solche Partei wählt man nicht mehr. Denn wer weiß, wen sie morgen verrät?

 

Und auch das sollte nicht vergessen werden: Obsiegt Peter Feldmann vor Gericht, könnte er von mehreren Beteiligten Schmerzensgeld fordern für ungerechtfertigte persönliche Verunglimpfungen (Ehrabschneidungen). Schließlich gilt ein Angeklagter in unserer Rechtsordnung so lange als unschuldig, bis ihm eine Schuld rechtskräftig nachgewiesen werden kann. Die SPD in Hessen wird wegen dieses Eigentors mutmaßlich auf Jahre den Boden unter den Füßen verlieren.

 

Ungeklärt ist zudem, ob eine auf Grund falscher Beweise zustande gekommene Abwahl überhaupt Bestand haben kann. Denn die Mehrheit, die Feldmann 2018 ins Amt wählte, ist eine verfassungsrechtliche Qualität von hohem Rang, die man nicht ohne weiteres unterlaufen kann.
 

Nancy Faeser wird in solch einer selbst verschuldeten Niederlage nicht helfen können. Eher müsste sie als Bundesministerin auf Distanz bedacht sein.

Klaus Philipp Mertens