Archiv "Vom Geist der Zeit" | Gesellschaft und Politik

Rückkehr nach Vorgestern

Der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms der CDU

© ARD / tagesschau.de

 

Wenn eine politische Partei programmatisch am Ende ist, setzt sie häufig auf die vermeintliche Kraft des Provinziellen. Im Fall der CDU auf das Sauerland (Friedrich Merz), das Paderborner Land (Carsten Linnemann) und das von der AfD gezeichnete Thüringen (Mario Voigt). Zusätzlich verweist man gern auf eine Alibi-Frau mit Migrationshintergrund. Diese Rolle übernimmt Serap Güler. Eine solche Konstellation garantiert schlichte, also populistische Rezepte.

 

Folglich wird die „deutsche Leitkultur“ aus der Mottenkiste geholt. Wobei man allerdings den Eindruck gewinnt, dass sich die selbsternannten Retter des Deutschtums erkennbar aus Bildungsbanausen zusammensetzen. Zumindest sind von ihnen keine kulturellen Glanzleistungen überliefert. Dass sie sich gegen das Gendern aussprechen, kann als Anbiederung an die Mehrheitsmeinung verstanden werden. Zu einer sprachwissenschaftlich korrekten Begründung sind sie genau so wenig fähig wie die fanatischen Genderbefürworter. Auf beiden Seiten hat die Ideologie den Verstand vertrieben.

 

Ähnliches gilt für die Auseinandersetzung mit dem fundamentalistischen Islam. Es wäre überzeugender, wenn man dieselbe Messlatte auch bei Katholiken mit enger Vatikananbindung und Evangelikalen ansetzte. Und obendrein Gott aus dem Grundgesetz striche. Dann könnte die CDU auf einen Streich drei totalitäre Organisationen auflösen.

 

Übrigens: „Pflichtjahr“ erinnert an das gleichnamige im NS-Staat, das junge Frauen betraf – zusätzlich zum Reichsarbeitsdienst für alle. Was sicherlich kein Zufall sein dürfte.

 

Ihre Position bei der Rente entspricht dem Grundsatz, dass der Mensch lebt, um zu arbeiten. Für die kurze Spanne zwischen Renteneintritt und Tod soll ein Arbeitsleben lang neben Beiträgen für die staatliche Rentenversicherung auch in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge eingezahlt werden. Die Finanzspekulanten reiben sich bereits jetzt die Hände.

 

Wie zu erwarten war, soll auch die Schuldenbremse als Schutz vor Steuererhöhungen heiliggesprochen werden. Getarnt wird das durchsichtige Manöver als Generationengerechtigkeit. Man hinterlässt den Nachkommenden lieber ruinöse Schulen, schlecht ausgebildete Lehrer, die Aussicht auf letzte PISA-Plätze sowie marode Infrastrukturen in allen Bereichen.

 

Asylbegehren sollen künftig auf einem Gebiet außerhalb der deutschen Grenzen geprüft werden. Dieses Terrain wäre noch zu erobern. Vielleicht entscheidet man sich für einen pazifischen Inselstaat, der im Zuge des Klimawandels ohnehin überflutet wird.

 

Die CDU verbucht all das unter der Schlagzeile „Orientierung“. Darunter kann man auch die ehrliche Empfehlung verstehen, diese Partei nicht zu wählen.

 

 

Klaus Philipp Mertens