Archiv Buchtipp

Lutz Büge: Virenkrieg

Der erste Band des fünfteiligen Zyklus

(c) Ybersinn-Verlag, Offenbach

Welche Kriterien zeichnen ein echtes Killervirus aus?

Erstens: Hohes Ansteckungspotenzial und leichte Übertragbarkeit. Zweitens: Hohe Sterbequote. Drittens: Mieses Image. Denn Panik bringt das gesellschaftli­che Zusammenleben zum Erliegen. Viertens: Keine Gegenmittel.

So beginnt Lutz Büges Thriller „Virenkrieg“, das erste Buch eines fünfbändigen Zyklus. Es geht um Biowaffen, Geheimorganisationen in den USA und in der ara­bischen Welt sowie um Menschen, die folgenreiche Entscheidungen treffen müs­sen. Und nicht zuletzt und vor allem um die Menschheit, die am Rande ihres Auslöschens steht.

Am Beispiel von zwei Wesen aus der altgriechischen Mythologie veranschaulicht der Autor die Problematik: Nämlich durch die Meeresungeheuer Charybdis und Skylla, die an einer Meerenge auf gegenüberliegenden Ufern hausen, dreimal täglich das Meerwasser aufsaugen und es danach mit Gebrüll wieder ausstoßen. Schiffe, die in den jeweiligen Sog geraten, sind verloren. Odysseus konnte zwar Charybdis ausweichen, kam jedoch Skylla zu nahe, sodass sechs seiner Gefährten von ihr getötet und gefressen wurden. Im übertragenen Sinn gelten Charybdis und Skylla als die Alternative zwischen zwei Übeln, von denen jedes ins Verderben führt. In der Erzählung sind sie die Namen von zwei Komponenten einer biologischen Waffe. Charybdis zerstört das Immunsystem des Körpers, das darum Skylla nichts mehr entgegenzusetzen vermag. Der Nachweis ist schwierig, deswegen eignen sie sich besonders für Attentate, die nicht als solche erkannt werden sollen.

Der amerikanische Genetiker und Mikrobiologe Michael Schwartz entdeckt im Sommer des Jahres 2022 dieses Giftkonstrukt, als er den plötzlichen Tod seines Vaters, eines sowohl angesehenen als auch unabhängigen Mitglieds des US-Senats, untersuchen lässt. Er kommt dabei einer Intrige auf die Spur, welche von einer geheimen Organisation betrieben wird, die über erheblichen Einfluss auf Regierungsstellen, Militär und Geheimdienste verfügt und eine aggressive Außenpolitik verfolgt. Insbesondere der arabische Raum soll unter amerikani­scher Kontrolle bleiben. Dies auch nach dem Sieg über Al-Qaida. Schwartz ver­lässt heimlich sein Institut und läuft über zur „Islamischen Allianz“, einem Bund moderater Staaten, die aber dennoch nicht in das geopolitische Konzept der USA passt. Er arbeitet fortan im Hochsicherheitslabor Al-Isra der Allianz an Wirkstof­fen gegen Charybdis und Skylla.

Zwei Jahre später wird sein ehemaliger Studienfreund Jan Metzner, ein in Grie­chenland lebender deutscher Biologe, unter merkwürdigen Umständen nach Al-Isra gelockt. Das unverhoffte Wiedersehen der Wissenschaftler endet in einer Katastrophe. Der Kampf gegen Charybdis und Skylla gerät auch zur persönlichen Überlebensstrategie. Und dieses Ringen wird, von der Öffentlichkeit unbemerkt, ausgefochten in einem Hochsicherheitslabor, das in einem unterirdischen Beton­bunker versteckt ist. Der unsichtbare Verursacher dieser Bedrohung ist, das wird im Verlauf der Handlung immer deutlicher, eine Geheimorganisation namens Scout, die über weltumspannende Verbindungen verfügt. Aber es gibt dort je­manden, der sein Schweigen brechen will.

Zeitgleich wird das öffentliche Interesse geweckt durch ein schlagzeilenträchtiges Ereignis. Islamisten entführen im Atlantik das Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“. Unter den 3.000 Passagieren befinden sich die minderjährigen Söhne eines ame­rikanischen Biowaffen-Ingenieurs sowie seine Schwiegereltern. Der Schwieger­vater scheint in illegale Regierungsaktionen verstrickt gewesen zu sein. Doch es sind noch weitere einstmals einflussreiche Personen aus dem militärisch-industri­ellen Komplex der USA an Bord. Anscheinend war das der Grund der Entführung. Denn die Islamisten eröffnen auf dem Schiff einen Schauprozess, in welchem sie den Vereinigten Staaten Verbrechen gegen die Menschlichkeit nachweisen. Von der amerikanischen Marine verfolgt und beschossen, nimmt das Kreuzfahrtschiff strikt und unbeirrbar Kurs auf New York.

Lutz Büge hat ein atemberaubend spannendes Buch geschrieben. Und es fesselt nicht nur wegen der dramatischen Abfolge der Ereignisse. Obwohl die Handlung in eine nicht ferne Zukunft verlegt ist, in die Jahre 2022 und 2024, sind die aktu­ellen Bezüge unabweisbar. Auf nahezu jeder Seite erinnert sich der zeitge­schichtlich interessierte Leser an die Warnung des früheren US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower vor dem militärisch-industriellen Komplex. Ließe man sich diesen unkontrolliert entwickeln, würde er zur eigentlichen Handlungsinstanz der USA und der westlichen Welt werden. Lutz Büge hat die Zwangläufigkeiten, die sich aus einem einmal beschrittenen verhängnisvollen Weg ergeben, mit dem In­strumentarium des fiktiven Romans hochgerechnet. Und er hat sie sprachlich so unmittelbar in Szene gesetzt, dass man dieses umfangreiche Buch ohne größere Pausen verschlingt.

Die Fortsetzung von „Virenkrieg“ ist Anfang Mai 2017 unter dem Titel „Skylla“ erschienen – die »bruecke-unter-dem-main« hat auch diesen Band rezensiert.
Einer Seitenlinie des „Virenkriegs“ entstammt der Kurzroman „Die JFK-Akten“.

Für das Frühjahr 2019 ist der dritte Band des Zyklus geplant, der „Incubus“ heißen wird. Im halbjährlichen Abstand folgen dann die Teile „Evan“ und „McWeir“.

Lutz Büge ist Autor mehrerer Polit-Thriller und Abenteuerbücher, („Genetics“, „Der Osirispunkt“, „Der hölzerne Pharao“) und vielen Lesern zudem bekannt als Redakteur der „Frankfurter Rundschau“. Dort verantwortet er unter dem Namen „Bronski“ das Leserforum und den FR-Blog.

Lutz Büge

Virenkrieg
Erstes Buch
437 Seiten. Paperback
Ybersinn-Verlag, Offenbach 2015
Verkaufspreis 14,90 Euro
ISBN 978-3-9817388-0-3

 

Lokale Bezugsquelle
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Klaus Philipp Mertens