Archiv Buchtipp

Lutz Büge: Skylla

Der zweite Band des Virenkrieg-Zyklus

(c) Ybersinn Verlag, Offenbach

Im „modernen“ Krieg von morgen werden vorrangig Informationstechnologien und Biowaffen eingesetzt. Dadurch kann die Vernichtung der Gegner sehr punktgenau betrieben werden; von der Ermordung politisch Unliebsamer bis zum Genozid. Effizienz wird zunehmend den Kampf um die Hegemonie in den jeweiligen Regionen der Welt bestimmen.

Der FR-Redakteur Lutz „Bronski“ Büge hat bereits im ersten Teil seines in den Jahren 2022 und 2024 angesiedelten Politthrillers „Virenkrieg“ die bereits heute bestehenden vielfältigen Möglichkeiten der Zerstörung hochgerechnet. Und damit bei den Lesern sowohl für Spannung als auch für Ernüchterung gesorgt. Auch im zweiten Teil des „Virenkrieg“ - Zyklus steht der aus Deutschland stammende Genetiker Jan Metzner im Mittelpunkt der dramatischen Handlung. Da die Ereignisse zeitlich parallel im Juni 2024 ablaufen, springt die Darstellung zwischen den Schauplätzen hin und her. Das treibt die Spannung nach oben und erhöht auch das Lesevergnügen.

Zu den verschiedenen Handlungsorten gesellen sich Rückblenden in das Jahr 2022, welche die Hintergründe des aktuellen Geschehens besser erklären. Damals sagte sich Jans Studienfreund Michael Schwartz von dem Unternehmen los, das in die Produktion von Biowaffen verstrickt war und mutmaßlich die Ermordung von Michaels Vater, einem demokratischen Mitglied des US-Senats, veranlasst hatte. Über Canada, Südfrankreich und Marokko verlief Michaels vermeintlich spurenloser Weg nach Al-Isra, dem Stützpunkt und Hochsicherheits-Biowaffenlabor der „Islamischen Allianz“ in der libyschen Wüste.
Die „Islamische Allianz“ wird als ein Bündnis moderater islamischer Staaten beschrieben, das bereits Elemente der westlichen Demokratie übernommen hat und dazu bereit ist, sich weiter zu öffnen. Und die insbesondere die allgemeinen Menschenrechte akzeptieren wollen. Kopf dieser Allianz ist König Abdallah von Jordanien. Durch ihre Positionen gerät die Vereinigung jedoch zwischen zwei Blöcke: Auf der einen Seite streitet sie mit islamisch-fundamentalistischen Regimen, auf der anderen Seite stehen ihr die USA gegenüber, die an ihren Zielen festhalten, die politischen und wirtschaftlichen Regeln im Nahen Osten und in der westlichen Welt zu bestimmen. Und die längst auf Biowaffen als Instrumente des „modernen Kriegs“ setzen. Zu diesen gehört auch das Zwei-Komponenten-Gift Charybdis und Skylla.
Michael Schwartz hatte sich, ohne dass es ihm bewusst gewesen wäre, mit Charybdis infiziert. Dadurch war seine Immunabwehr drastisch reduziert worden. Sein Freund Jan Metzger, der durch eine Geheimorganisation nach Al-Isra gelockt und mit Skylla infiziert wurde, hatte bei ihrem Wiedersehen das Skylla-Virus unwissentlich auf Michael übertragen und dadurch dessen plötzlichen Tod verursacht.

Jan kämpft seit Wochen in einem isolierten Trakt von Al-Isra gegen den eigenen Tod. Denn der Skylla-Virus wütet auch in seinem Organismus. Der Kommandant des Stützpunktes, dessen Arzt und die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Biowaffen-Labors setzen alles daran, das Leben des Deutschen zu retten. Sie erhoffen sich von ihm, was Michael versagt blieb: Den entscheidenden wissenschaftlichen Durchbruch bei der Bekämpfung von Charybdis und Skylla. Jan setzt als Ultima Ratio auf einen Selbstversuch mit einer abgeschwächten Skylla-Dosis, um auf diese Weise Abwehrkräfte gegen das Gift entwickeln zu können. Diese Therapie wird zu einer Tortur, aber schließlich scheint es, als würde sich Erfolg einstellen.

Im fernen New York geht das Rätselraten um das mit der Freiheitsstatue kollidierte Kreuzfahrtschiff „Queen Mary 2“ weiter. Dieses war von einem islamischen Kommando vor der Ostküste der USA gekapert worden. An Bord hatten die Piraten ein Tribunal gegen einige prominente Passagiere durchgeführt, die schwerer Kriegsverbrechen beschuldigt wurden. Den Schauprozess inszenierte ein Schauspieler, der sich Osama bin Laden nannte. Berichte darüber waren ins amerikanische Fernsehnetz eingespeist worden. Jetzt scheint es, dass ein Angriff der US-Marine unmittelbar bevorstünde. Die Piraten reagieren auf die in den Medien angekündigte Offensive mit der Nachricht, sie hätten das Schiff mit Anthrax präpariert. Folglich befänden sich alle Passagiere bei einem militärischen Handstreich in Lebensgefahr.

Auch an der Westküste, in Seattle, wird das Hin und Her um die „Queen Mary 2“ aufmerksam beobachtet. Doch die frustrierte Polizeidetektivin Hillary Landsdale ist noch zusätzlich genervt. Sie wird zu einem Todesfall gerufen, der sich im Verlauf der Ermittlungen als Mord herausstellt. Opfer ist der einflussreiche Nobelpreisträger Samuel McWeir, Doktorvater von Michael Schwartz. Und ebenso wie dessen Vater scheint er mittels Skylla umgebracht worden zu sein. Der Pathologe, der dieses Gewaltverbrechen entdeckt, wird selbst Opfer eines auf ähnliche Weise durchgeführten Anschlags. Hillary Landsdale, die das Empfinden des unpolitischen Durchschnittsamerikaners teilt und deren Leben bisher auf einem stabilen Boden von Vorurteilen verläuft, ist konsterniert; ihr Weltbild bricht zusammen. Dennoch tut sie das Richtige, zumindest scheint es so.

In Al-Isra sorgt man sich weiter um Jan Metzner, dessen Gesundung aber Fortschritte zu machen scheint. Besondere Sorgen macht man sich hingegen um König Abdallah, der anscheinend mit Charybdis infiziert worden ist. Jan rät zu einer nicht ungefährlichen Gegenmaßnahme.

Zurück zur Ostküste, nach Baltimore. Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joey Calderon, eine Art Kennedy des 21. Jahrhunderts, schlägt Töne an, die man in den waffenbegeisterten und von schlichten Bibelweisheiten gepflasterten Vereinigten Staaten nicht kennt. Dadurch wird der Mann zum gefährlichen Kontrahenten des republikanischen Bewerbers und zum Gegner der amtierenden konservativen Präsidentin. Zu seinem Wahlkampfstab gehört Phil Schwartz, ein Sohn des ermordeten Senators und Bruder des ums Leben gekommenen Michael. Eine vermeintliche Grippeerkrankung Calderons gibt Anlass zur Besorgnis.

Indes konnte die „Queen Mary 2“ ohne Gegenwehr befreit werden. Die als Terroristen bezeichneten Piraten sind jedoch verschwunden. Und mit ihnen die vom Tribunal verurteilten Kriegsverbrecher. Da kündigt der arabische Sender Al Dschasira eine TV-Aufzeichnung an, die einen letzten der Schauprozesse darstellen soll, die auf dem Kreuzfahrtschiff durchgeführt worden waren. Die Entwicklung scheint zu eskalieren.

Lutz Büge ist auch mit dem zweiten Teil seines „Virenkrieg“-Zyklus ein großer Wurf gelungen. Mit Liebe zur Akribie und erzählerischem Talent beschreibt er eine politische Fiktion, die sich exakt aus dem entwickeln könnte, was wir heute noch längst nicht ernst genug nehmen.
 

Lutz Büge
Skylla
Virenkrieg II
Ybersinn-Verlag, Offenbach
400 Seiten, Paperback. Verkaufspreis 14,90 Euro
ISBN 978-3-9817388-65

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Klaus Philipp Mertens