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Zurück nach Vorgestern

Deutsch für Untertanen

© MRG

Ferda Ataman, die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, diskriminierte vor vier Jahren in einem SPIEGEL-Artikel Deutsche ohne Migrationshintergrund als „Kartoffeln“ und empfahl ihnen, sich selbst als „Deutschdeutsche“ zu bezeichnen. Sie hielt das für eine angemessene Reaktion auf den verbreiteten, in der Regel falsch verwendeten Ausdruck „Deutschtürken“. Damit meinte sie Bürger mit türkischen Wurzeln, die in Deutschland leben und deutsche Staatsbürger wurden. Grammatikalisch korrekt hätte sie von Türkdeutschen sprechen müssen. Denn das bestimmende Wort (Determinans) steht vor dem bestimmten (Determinatum). So bleiben beispielsweise der Zwergriese ein Riese, der Riesenzwerg ein Zwerg.
 

Doch was schert eine Ideologin die Details des Kompositums? Was kümmert sie der Unterschied zwischen Nexus und Sexus? Sie hält die deutsche Grammatik und die deutsche Rechtschreibung für ein Relikt überkommener Zeiten. Sie will eine synthetische Sprache durchsetzen (wie einst Joseph Goebbels mit der Militarisierung der Alltagssprache), will offensichtlich mit Hilfe des Genderns (einem englischen Begriff) eine Sexualisierung der Gesellschaft betreiben, in der sich Menschen vorrangig über ihr Geschlecht definieren, unter Umständen zusätzlich über Hautfarbe und Alter (in grünen Kreisen schimpft man gern über „alte weiße Männer“). Tatsächlich fällt es dem ideologisch verblendeten Feminismus schwer, anzuerkennen, dass die Evolution viele Formen der Normalität hervorgebracht hat. Diese wird im jeweils konkreten Bezug eindeutig sichtbar, während im allgemeinen und abstrahierenden Gebrauch das genderneutrale Maskulinum (Epikoinum) den beabsichtigten Zweck umfassend erfüllt.
 

Nun hat Frau Ataman ein Kurzgutachten zum Gendern in Auftrag gegeben und man darf mutmaßen, dass das Ergebnis von vornherein feststand. Soweit bekannt wurde, enthält es keine Hinweise auf das Verwaltungsverfahrensgesetz, das Deutsch als Amtssprache vorschreibt (§ 23). Es ist begründbar anzunehmen, dass damit ausschließlich das den Regeln entsprechende Deutsch gemeint ist. Die im Gutachten postulierten Verstöße gegen das Persönlichkeitsrecht von Frauen, intergeschlechtlichen und nicht-binären Menschen sind haltlos, weil sie nicht den Tatsachen entsprechen. Vielmehr bedeuten die Anhängselkonstruktionen *in und *innen eine Deklassierung und eine Rückkehr zu archaischen Vorstellungen: „Man wird sie Männin nennen, weil sie vom Manne genommen ist“ übersetzte Luther Genesis 2, Vers 23. Die vollständige Emanzipation aller Menschen und Geschlechter wird sich so nicht erreichen lassen.

 

Klaus Philipp Mertens