Vom Geist der Zeit | Die Meinungsseiten

Über die Befreiung

Marginalien zum Internationalen Frauentag

 

Zum Internationalen Frauentag, der als Kampftag deklariert war, habe ich wieder Glückwünsche erhalten. Vielleicht sollten sich diese zukünftig an jene Männer richten, die es geschafft haben, ihre Privilegien aufzugeben und so einen ernstzunehmenden Beitrag zur Gleichberechtigung von Frau und Mann leisten. Damit Artikel 3 des Grundgesetzes nicht nur Verfassungsnorm bleibt, sondern zur Verfassungswirklichkeit wird. Frauen sollten nicht gegen Männer kämpfen müssen. Sondern mit ihnen zusammen die berechtigten Forderungen durchsetzen.

 

Das Grundgesetz garantiert in Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Im Absatz 2 des Artikel heißt es: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile ein.“

 

Es war die deutsche Sozialistin Clara Zetkin, die aufgrund der Benachteiligung der Frauen im Jahr 1910 die Einführung eines internationalen Frauentages vorschlug, für den ab 1917 der 8. März gewählt wurde. Möglicherweise erinnerte sie sich dabei an Karl Marx’ Einsicht: „Jeder, der etwas von der Geschichte weiß, weiß auch, daß große gesellschaftliche Umwälzungen ohne das weibliche Ferment unmöglich sind...Der wissenschaftliche Fortschritt läßt sich exakt messen an der gesellschaftlichen Stellung des schönen Geschlechts (die Häßlichen eingeschlossen).“ Diese Bemerkung stammt aus einem Brief, den Marx im Jahr 1868 an Ludwig Kugelmann, einen engagierten Gynäkologen und Sozialdemokraten, schrieb.

Nicht selten sind Männer der Meinung, dass Frauen nach ihrem Vorbild streiten und verhandeln müssen, um sich bei der Verfolgung ihrer ureigensten Interessen durchsetzen zu können. Nur so sei ihre vollständige Emanzipation im Rahmen einer gesamtgesellschaftlich anzustrebenden Chancengleichheit möglich.

Der Kampf der Frauen wird jedoch eine neue Qualität sowie neue Ziele aufzuweisen haben. Einerseits muss er die Überwindung alter patriarchalischer Strukturen beinhalten, die der Kapitalismus anscheinend endgültig verfestigt hat. Und andererseits wird er sich grundsätzlich gegen geschlechts- und klassenbezogene Hierarchien zu wenden haben. Die Männer werden sich von überkommenen Rollen befreien und gemeinsam mit den Frauen eine solidarische Gesellschaft aufbauen müssen.

 

Juliane Schätze