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Putins „teuflische Verschlagenheit“

Zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine

Russische Bodentruppen dringen in die Ukraine ein. © Nationalkomitee Freies Russland

Russland und Belarus haben einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen. Diktator Putin schüchtert indes andere Staaten ein, sich ihm in den Weg zu stellen. Denn das würde Konsequenzen nach sich ziehen, wie sie sie noch nicht erlebt hätten.

Damit bestätigt er jene „teuflische Verschlagenheit“, die Karl Marx bereits einem seiner Vorgänger, Zar Nikolaus I., unterstellte. Marx war von 1853 bis 1856 (überwiegend von London aus) als europäischer Korrespondent der „New York Daily Tribune“ tätig und beobachtete die Kriege Russlands gegen die Türkei, England, Frankreich und Sardinien. Damals ging es u.a. um die Krim. Der deutsche Philosoph und politische Theoretiker erkannte zudem die auch seinerzeit feststellbare Handlungsunfähigkeit der westeuropäischen Staaten.
Als Triebfeder des russischen Imperialismus entlarvte er den expansiven Panslawismus des Zarenreichs. Russland sei darauf aus, ganz Europa zu unterjochen, es habe die slawischen Völker „still vereint“ und „den römisch-keltischen Rassen, die bisher in Europa geherrscht haben, Krieg auf den Tod erklärt.“.
 

Das war starker Tobak und manche Bewertung dürfte den Vorurteilen der Deutschen und ihrer Nachbarn entsprochen haben. Solche Ressentiments waren von den damaligen Obrigkeiten kalkuliert gezüchtet worden. Man kann rückblickend sogar der Meinung sein, dass sich die Mächte des Alten Europas bewusst gegen Russland abgegrenzt und dadurch Kriege provoziert hätten. Ähnlich wie das die NATO nach der Selbstauflösung der Sowjetunion entgegen allen Warnungen getan hat. Dennoch gibt es keine Rechtfertigung für Angriffskriege.

Ich bin gespannt auf die Reaktionen der deutschen Putin-Lakaien, von der AfD über Sahra Wagenknecht bis zu Gerhard Schröder. Möglicherweise wird der Krieg gegen die Ukraine auch die innenpolitische Lage in Deutschland verändern. Ein Ende der AfD würden sämtliche Demokraten begrüßen. Ein Aus für die LINKE aber wäre faktisch ein Sieg des Neoliberalismus, der von dieser Partei in blinder Selbstüberschätzung herausgefordert wurde. Und die SPD müsste sich entscheiden, ob es nicht endlich an der Zeit ist, Gerhard Schröder und seine gesamte Agendapolitik für unvereinbar mit sozialdemokratischen Werten zu halten.
 

Die Ukraine wird sich militärisch nicht gegen das hochgerüstete Russland verteidigen können. Deswegen müssen sich die Demokraten dort, aber auch in Russland selbst sowie in Belarus mit anderen Waffen wehren. Hierbei ist die Unterstützung der EU und der USA notwendig. Und zwar ohne die bekannten Dilettanten in Kommission und Regierungen.
Einer konzertierten digitalen Desinformationskampagne kann Russland nicht standhalten. Denn es hat wesentliche Teile seiner Technologie in Raketen, Panzer und Kanonen gesteckt. Seine Beeinflussungsversuche westlicher Wahlen via Internet sind vergleichsweise schlicht gewesen. Sie zielten auf die Informationskanäle des rassistischen und rechtsextremen Plebs ab, also auf Facebook, Instagram, Google oder Telegram. Hackerangriffe auf den deutschen Bundestag und andere Parlamente konnten hingegen abgewehrt werden. Bei kluger Strategie und Taktik könnte der Krieg rasch in sich zusammenbrechen. Das Umlenken russischer Raketen auf den Kreml ist nicht nur theoretisch durchführbar. Parallel dazu muss der zivile Widerstand über bereits bestehende geheime Kontakte erheblich gestärkt werden. Exilregierungen für Russland und Belarus sollten unverzüglich der Weltöffentlichkeit vorgestellt werden, idealerweise in Paris, der Stadt der Revolution. Das Ende Putins sollte auch das unwiderrufliche Ende der Russisch-Orthodoxen Kirche sein, die einem aggressiven Nationalismus Vorschub leistete.
 

Klaus Philipp Mertens

 

Karl Marx Berichte für die „New York Daily Tribune“ und andere Zeitungen kann man nachlesen in „Marx-Engels-Werke, Band 11“.