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Allianz für Dummheit – AfD & Co.

Bis alles in Scherben fällt

© Deutschlandfunk

 

Es gab eine Zeit, in der Weimar einer literaturgeschichtlichen Epoche den Namen verlieh. Man sprach von der Weimarer Klassik und meinte das zeitlich parallele Wirken von Wieland, Goethe, Herder und Schiller, wobei Letzterer regelmäßig aus Jena dazustieß. Leipzig galt als die Stadt der Verlage und der Buchmessen sowie als Gründungsort des Allgemeinen deutschen Arbeitervereins (1863), der sich 1875 in Gotha mit der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschland zur SPD vereinigte.
 

Die erste einschneidende Trennung mit diesen Traditionen vollzog der NS-Staat, die zweite die DDR. Die Versuche in den 1990er Jahren, Demokratie und Kultur in den ostdeutschen Ländern neu zu verankern, dürften nach den Ergebnissen der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen zunächst als gescheitert gelten. Auf das Kulturdesaster dürfte ein wirtschaftliches folgen – oder umgekehrt.
 

Wenn man nach den Gründen für diese unheilvolle Entwicklung fragt, werden eine ungeschickt herumhantierende Berliner Koalition, das Versagen von SPD, Grünen, FDP und Teilen der CDU angesichts irregulärer Einwanderung und Frustrationen in der ostdeutschen Bevölkerung über die eigene Lebenssituation genannt. Wer jedoch genauer recherchiert, stößt auf diese Fakten:
 

Die AfD gilt nach Einschätzung des Verfassungsschutzes als gesichert rechtsextrem. Doch auch der normale Staatsbürger müsste wegen der eindeutig faschistischen Parolen, mit denen diese Partei auf alle Sachfragen antwortet, erkennen können, dass es sich um eine bildungsferne, antidemokratisch-autoritäre, marktradikale und gewaltbereite Gruppierung handelt. Jedem Wähler hätte klar sein können, dass eine Stimme für die AfD eine Stimme gegen das je eigene Lebensinteresse ist. Allein die Interviews mit Höcke, Chrupalla und Weidel vermitteln dem politisch gut informierten Zuschauer den Eindruck, als wendeten sich Insassen einer forensischen Psychiatrie an eine imaginierte, nicht reale Welt.
 

Aber auch die Botschaften des „Bündnisses Sahra Wagenknecht“ bewegen sich jenseits aller Vernunft und gleichen auffällig denen der AfD. Das vermeintliche Versagen der „Ampel“ wird mantrahaft beschworen, aber nirgendwo im Detail analysiert. Ebenso wird die Aggression des Putin-Regimes gegen die Ukraine verharmlost und eine diplomatische Lösung an die Wand gemalt, die derzeit völlig unrealistisch ist. Auffällig ist zudem die programmatische Zuspitzung auf eine Person, nämlich auf die von Sahra Wagenknecht. Bekanntlich ist sie mit Oskar Lafontaine verheiratet, der im bischöflichen Konvikt in Prüm erzogen wurde. Man erkennt unschwer, wenn auch leicht abgewandelt, einen jesuitischen Grundsatz, der in der klerikal-katholischen Erziehung verbreitet ist: „Ad maiorem honorem Sahrae” – zur höheren Ehre Sahras. Eine den Menschen zugewandte Politik kennt jedoch kein Führer- bzw. Führerinnenprinzip.
 

In Thüringen erhielten AfD und BSW insgesamt 48,6 Prozent der abgegebenen Stimmen; in Sachsen 42,4 Prozent. Allem Anschein nach hat jeweils die knappe Hälfte der Wähler in diesen Bundesländern ihren Verstand verloren, falls sie je einen besessen hat. Es wäre naiv anzunehmen, dass eine künftige Bundesregierung, die von anderen Partnern getragen würde (z.B. eine Koalition aus CDU/CSU, SPD und Grünen – die FDP wird auch dort mutmaßlich nicht mehr existent sein), an diesem Zustand etwas ändern könnte. Gegen ideologische Verklemmung hilft vor allem wirtschaftlicher Druck. Die Regionen sind darauf angewiesen, dass sie insbesondere für die IT-Industrie attraktiv sind. Also über Fachkräfte, Verkehrsanbindungen, positives Image, Bildungseinrichtungen und eigene Nachfragepotentiale verfügen. Ein fremdenfeindlicher Blut-und-Boden-Staat ist im internationalen Wettbewerb chancenlos.
 

In der aktuellen Situation könnte es besser sein, die Wahl neuer Landesregierungen bewusst scheitern zu lassen und in einem halben Jahr Neuwahlen anzusetzen.

 

KPM