In der längst säkularen Bundesrepublik passt eine staatlich geförderte Ramadan-Dekoration, wie sie jetzt in Frankfurts Innenstadt zu sehen ist, nicht zum gewachsenen Selbstverständnis des Landes. Unser Grundgesetz schützt zwar religiöse Bekenntnisse und deren praktische Ausübung. Aber es betont in mehreren Artikeln (2, Absatz 1; 3, Absätze 2 und 3; 7, Absatz 3) auch die gebotene Neutralität des Staats gegenüber Konfessionen.
76 Jahre nach der Verabschiedung der Verfassung durch den Parlamentarischen Rat sind Religionslose die größte religiös-weltanschauliche Gruppe. Katholiken und Protestanten belegen die Plätze 2 und 3. Die ca. 5,5 Millionen Muslime nehmen mit Abstand Rang 4 ein. Erst recht angesichts dieser auseinanderstrebenden, sogar zum Teil antagonistischen Vielfalt muss der öffentliche Raum neutral bleiben. Die Weihnachtsmärkte belegen, dass eine vermeintlich traditionelle Volksfrömmigkeit, die sich überwiegend kommerziell darstellt, zu Fehlentwicklungen führen kann. Etwa zu offiziell tolerierten Saufgelagen. Auch der prinzipiell nicht infrage zu stellende Schutz einer Minderheit ist kein geeignetes Argument für gedankenlosen Beifall für ein Phänomen, das aus der Zeit gefallen ist.
Die Fastenaktion der Evangelischen Kirche (die in diesem Jahr unter dem Motto steht „Luft holen! Sieben Wochen ohne Panik“) gibt immerhin zu bedenken, dass Weniger Mehr sein kann und ein radikaler Verzicht gesundheitliche Probleme verursacht. Die Frankfurter Stadtverordnetenversammlung hat diese evangelische Aktion noch nie gewürdigt. Ebenso waren Geburtstage bekannter Religionskritiker (z.B. Hermann Samuel Reimarus, Ludwig Feuerbach, David Friedrich Strauß, Max Stirner) kein Anlass für Feste, obwohl sie Philosophie und Theologie entscheidend mitgeprägt haben. Mutmaßlich sind den meisten Frankfurter Stadtverordneten diese Persönlichkeiten unbekannt. Es ist davon auszugehen, dass sich den Parlamentariern ebenso die Hintergründe des Ramadan nicht erschließen.
Nach Überzeugung der islamischen Orthodoxie wurde im neunten Jahresmonat der Koran vom Himmel herab an die Menschen gesandt. Folglich sei dieser Monat zum Fasten und Beten bestimmt. Wer sich in arabischen Staaten mit islamischer Verfassung der Fastenpflicht entzieht, muss mit Strafen rechnen. Denn er verweigert sich der ritueller Unterwürfigkeit. Objektiv betrachtet stellt der Verzicht auf Getränke und Nahrung tagsüber sowie das anschließende Surrogat am Abend ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar.
Während man in Deutschland versucht, Zuwanderer aus islamischen Ländern zu integrieren, was u.a. eine Distanzierung von nie hinterfragten religiösen Normen (die von der Obrigkeit verordnet wurden) zu Gunsten von Aufklärung und Liberalität meint (ohne Religiosität anzutasten), überbieten sich in Frankfurt Magistrat und Stadtverordnetenversammlung an Naivität. Hierzu passt ein aktueller Spruch von Friedrich Merz: „Ihr habt nicht alle Tassen im Schrank!“.
© Redaktion ProLesen Frankfurt a.M. / 2025
Klaus Philipp Mertens