„Die Anwohner üben sich in Geduld“ schrieb die „Frankfurter Neue Presse“ über das Verkehrschaos rund um den Holbeinkreisel. Auf diesen Langmut von Lämmern, die zur Schlachtbank geführt werden, setzt offensichtlich die Leitung des Mobilitätsdezernats. Dabei haben sowohl die Anwohner als auch die indirekt betroffenen Sachsenhäuser Bürger Anlass, sich diese unzumutbaren Zustände nicht gefallen zu lassen, lautstark dagegen zu protestieren und das Eingreifen des Oberbürgermeisters zu fordern.
Denn die Neuanlage des Kreuzungsbereichs Oppenheimer Landstraße, Burnitzstraße, Hedderichstraße und Holbeinstraße ist keine verkehrspolitisch dringend gebotene Maßnahme, sondern folgt Forderungen der Immobilienwirtschaft. Vor allem grüne Dezernenten scheinen sich derartigen Begehrlichkeiten unterzuordnen. Folglich vermengen sie in planloser Weise Vorrangiges mit Nachrangigem. Das erklärt die zeitgleichen Großbaustellen in benachbarten Straßen, welche zu langen Staus führen. Beispielsweise auf der Mörfelder Landstraße, die während der Hauptverkehrszeiten zur Abgas-Chaussee wird.
Ein weiteres Ärgernis ist die Umwidmung der Gehwege zu kombinierten Fuß- und Radwegen im Bereich der Baustellen. Laut Straßenverkehrsordnung müssen Fahrzeuge (dazu zählen auch Räder und sinngemäß E-Roller) die Fahrbahnen benutzen. § 25 der StVO bestimmt, dass Gehwege den Fußgängern vorbehalten sind. Davon ausgenommen sind Rollstuhlfahrer, Personen mit Kinderwagen und Kinder mit Fahrrädern. Eine gemeinsame Nutzung der Gehwege von Fußgängern und Radfahrern ist nur dann erlaubt, falls ein Begegnungsverkehr der Fußgänger untereinander möglich ist. Die Rechtsprechung hat dafür eine Breite von 1,20 Meter festgelegt. Dieser Streifen darf nicht von Radfahrern benutzt werden. Die Gerichte haben ihre Entscheidungen auch an den unterschiedlichen Geschwindigkeiten von Fußgängern und Radfahrern festgemacht. Radfahrer sind drei- bis viermal schneller als Fußgänger, E-Roller sind in der Praxis noch schneller. Das erschwert Fußgängern sowohl die rechtzeitige Wahrnehmung als auch ein Ausweichen.
Die Gegebenheiten in den Baustellen führen zunehmend zu einer Rücksichtslosigkeit gegenüber Schwächeren. Frankfurts grüne Ellenbogengesellschaft erinnert an US-amerikanische Verhältnisse. Es fehlt nur noch die Schusswaffe für jedermann. Allerdings kommt ein Lastenrad mit E-Motor den Eigenschaften einer Waffe bereits gefährlich nahe.
Zu dieser menschenfeindlichen Ideologie passt das Konzept von Mobilitätsdezernent Wolfgang Siefert. Er will weniger Autos und mehr Fahrräder sowie E-Scooter. Dafür sollen in der Stadt in den kommenden Jahren insgesamt 950 „Mobilitätsstationen für nachhaltige Verkehrsmittel" geschaffen werden. Die Stadt wandelt bestehende Flächen, viele davon Parkplätze, in Abstell- und Abholorte für Leihräder oder E-Scooter um. Die kommerziellen Verleiher werden an den Kosten nicht beteiligt.
Die Stadtverwaltung Köln verlangt von den Verleihfirmen eine Gebühr von 130 Euro pro Roller und Jahr. Der Frankfurter Haushaltsplan weist solche Einnahmen nicht aus. Lediglich für das Umparken eines verkehrswidrig abgestellten Rollers wurden im Jahr 2023 einmalig 74 Euro berechnet. Wer hingegen einen Werbeaufsteller auf öffentlichen Wegen platziert, muss dafür zahlen. Bei dem Verzicht auf Einnahmen aus einer Sondernutzungserlaubnis handelt es sich nach üblicher rechtlicher Definition um eine Vorteilsgewährung zu Lasten der Allgemeinheit auf Basis einer Unrechtsvereinbarung (§ 333 StGB).
Ginge es dem Mobilitätsdezernenten tatsächlich um die wünschenswerte Reduzierung des Autoverkehrs in der Stadt, sollte er endlich eine höchstrichterliche Entscheidung aus dem Jahr 2021 umsetzen, die das Aufparken auf Gehwegen gemäß StVO verbietet.
Klaus Philipp Mertens