Donald Trump wurde nach demokratischen Regeln gewählt. Das stört ihn nicht. Doch als er im November 2020 nach einer Amtszeit und nach eben diesen Regeln abgewählt wurde, sah er dies als einen Angriff auf die Verfassung an und setzte seine eigene Schlägertruppe in Bewegung, die das Kapitol stürmte. Das sollten vor allem europäische Politiker nicht vergessen, wenn sie abwägen, ob Gespräche mit diesem Präsidenten sinnvoll sind.
Den Teilnehmern der Münchener Sicherheitskonferenz hat er durch seinen Vize ausrichten lassen, dass er sie für überflüssig hält und dass die Welt künftig nach anderen Regeln funktionieren würde.
Dies ist nicht nur eine Kampfansage an die Regierungen. Es ist auch eine Kriegserklärung an die Menschen in den europäischen Demokratien. Werden sie sich das gefallen lassen? Welche Gegenmaßnahmen könnten sie treffen? Und wer steckt eigentlich hinter dem „System Trump“?
Die Auflösung der staatlichen Entwicklungshilfeagentur USAID, von Donald Trump per Dekret verfügt, zeigt, wem die Stunde geschlagen hat. Antidemokratische und faschistische Verschwörungsideologien sollen durch die Umwertung ethischer Werte salonfähig gemacht werden. Ich bin an George Orwells Roman „1984“ erinnert, in dem er vor autoritären Regimen warnt. Darin wird ein oligarchisches System beschrieben, in dem Krieg zu Frieden umbenannt, Sklaverei Freiheit genannt wird und Unwissen Stärke. Hinsichtlich der Einstellung der Entwicklungshilfe vollzieht die Trump-Bande einen ersten großen Schritt in Richtung globaler Entsolidarisierung. Zunächst nach außen, später wird man unbotmäßige Landsleute drangsalieren. Orwell hat man in diesen Kreisen zwar nie gelesen. Aber intuitiv folgen diese Leute Rezepten, die sich bewusst oder unbewusst an reaktionären Phantasien orientieren.
So gehört die militant-antikommunistische John Birch Society (JBS) zur Liga der geistigen Brandstifter in den USA. Dass führende US-Nazis wie David Eden Lane zu den Mitgliedern gehören, ist nicht verwunderlich. Die Ideologie der JBS ähnelt auffällig den Positionen Donald Trumps. Sie plädiert für eine isolationistische Außenpolitik und hängt Verschwörungsmythen wie der Existenz eines „Deep State“ an, also eines Staats im Staate, der von linken Verfassungsfeinden angeführt werde. An diesen kruden Ideen ist nur eines real: Nämlich Donald Trumps offensichtlicher Plan für einen antidemokratischen Umbau des Staats.
Ein anderer antidemokratischer Player ist die „Heritage Foundation“, die sich als Denkfabrik (Think Tank) bezeichnet. Sie ist eine rechts-konservative bis offen faschistische Einrichtung, die Legislative und Exekutive der USA eine „Führung für Amerika“ verordnet hat. Grundlagen einer solchen Hegemonie sind eine freie Marktwirtschaft (gemeint ist Marktradikalismus), ein minimaler Staatsapparat, individuelle Freiheit (einschließlich der Freiheit zur Verleumdung), traditionelle amerikanische Werte (die nicht näher definiert werden; sicherlich zählt der Besitz von Schusswaffen dazu) und eine schlagkräftige nationalen Verteidigung (was auf Invasionsstreitkräfte hinauslaufen dürfte). Die Heritage Foundation setzt sich für die Privatisierung von ursprünglich staatlicher Daseinsvorsorge, Deregulierung, Kürzung von Sozialleistungen sowie militärische Präventivschläge ein. Sie spielte eine Schlüsselrolle beim Irakkrieg. Die Fälschung von Dokumenten, die eine angebliche atomare Aufrüstung Saddam Husseins beweisen sollten, war von ihr vorgenommen worden.
Die Heritage Foundation ist auch federführend beteiligt am „Projekt 2025“, das eine konservativ-feudalistische Revolution bedeutet. An dem Papier haben rechte Gruppierungen und mehr als 350 Autoren aus der rechten Szene mitgewirkt. Wichtige Punkte des Papiers sind die Unterstützung der Öl- und Gasindustrie und die Verhinderung einer Energiewende. Gelder für den Ausbau des Stromnetzes sollen gekürzt werden, um die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auszubremsen. Eine solche Unterwanderung gilt auch für die Klimainvestitionen, die in einem Bundesgesetz, dem „Inflation Reduction Act“ festgeschrieben sind. Dessen zentraler Inhalt ist die gezielte Förderung der inländischen Produktion von Batterietechnik für Elektromobilität und der Aufbau von Wasserstoffstrukturen innerhalb der USA. Außerdem ist ein Sozialpaket zur Gesundheitsvorsorge enthalten, beispielsweise durch die Begrenzung der Preise für verschreibungspflichtige Medikamente. Finanziert werden soll die Umsetzung hauptsächlich durch die Einführung einer Mindeststeuer auf Unternehmensgewinne in Höhe von 15 %.
Des Weiteren soll die Macht des US-Präsidenten erweitert, die US-Handelskommission und die Medienkommission sollen ihm direkt unterstellt werden. Die Heritage Foundation plädiert nachdrücklich für die Einschränkung des Kündigungsschutzes für Regierungsbeamte. Diese Änderungen sollen ermöglichen, Personen, die als illoyal angesehen werden, zügig zu entfernen.
Ebenfalls sehen die Pläne des „Project 2025“ massive Eingriffe in das Justizministerium, die NATO und etliche Handelsabkommen vor. Einer der Wortführer ist Senator Josh Hawley, der sich beim Sturm auf das Capitol mit den Umstürzlern solidarisierte.
Noch einmal zurück zu George Orwell. An der Spitze der Herrschergruppe steht der „Große Bruder“, der einen Ausbeutungs- und Überwachungsstaat kontrolliert. Der Bevölkerung wird erlaubt, jede Dummheit aufzunehmen und weiter zu verbreiten, aber mit keinem Wort das System infrage zu stellen. Hier drängen sich Vergleiche auf. Viele Amerikaner beziehen ihre politischen Informationen von Facebook, Instagram, WhatsApp und TikTok sowie von Sendern wie FOX. Das durchschnittliche Niveau dieser Nachrichten liegt auf einem intellektuellen Niveau, das Psychiater als grenzdebil bezeichnen (auch in Deutschland!). Dummheit ist bekanntlich süffig, weil sie so überaus schlicht ist. Zu den sich früh einstellenden Wirkungen zählt in den USA der Trumpismus. In Deutschland ist es die hochtoxische AfD und möglicherweise auch die Wagenknecht-Partei.
Während der 1970er Jahre wurden Briefträger aus dem Dienst der Deutschen Bundespost entlassen, weil sie Mitglieder der politisch einflusslosen, aber nicht verbotenen DKP waren. Staatsgefährdende Handlungen konnte man niemandem nachweisen. Heute können Polizisten und andere Beamte Mitglieder der ebenfalls nicht verbotenen AfD sein. Also einer Partei, die offen verfassungsfeindlich agiert und deren Führung sich landesverräterische Beziehungen zu Putins Russland und Trumps USA vorwerfen lassen muss. Ist uns das Gefühl für die Gefahren menschlicher Destruktivität verloren gegangen?
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Frederik Derné