Männer wie Trump und Musk oder der Influencer Andrew Tate verbreiten eine neue Form des männlichen Chauvinismus. Ihr frauenfeindliches Weltbild basiert auf der Überzeugung, dass eine Frau einem (ihrem) Mann gehört. Solchen Parolen schließen sich junge Männer rund um den Globus an. Das wirft Fragen nach den Ursachen solcher Verirrungen auf. Wie erziehen Mütter und Väter ihre Söhne und Töchter? Und was kann die Gesellschaft generell vermeintlich coolen und harten Machos entgegensetzen? Und was den Frauen, die gern Sklavinnen sein möchten?
„Wann ist der Mann ein Mann?“ fragt Herbert Grönemeyer seit 1984 in seinem Lied „Männer“. Meine persönliche Antwort als Mensch männlichen Geschlechts lautet: Die Evolution hat mich in ihrem ewigen Prozess von Zufall und Notwendigkeit zum Mann gemacht. Und zwar zu einem heterosexuellen. An dieser Entscheidung der Naturkräfte hatte ich keinen Anteil. Das betrifft auch meine Hautfarbe. Da ich in einer gemäßigten Klimazone geboren wurde, bin ich ziemlich hellhäutig. Eigenschaften, die ich nicht beeinflussen konnte, sind nicht dazu geeignet, mich darüber zu definieren. Es gibt keine Gründe, mein Mannsein, meine sexuelle Orientierung und meine Hautfarbe besonders herauszustellen, gar ein Statussymbol daraus zu machen.
Anders verhält es sich mit den Talenten, die ich von der durch Zeit und Raum vagabundierenden Weltsubstanz ererbt habe. Auch diese Gaben konnte ich mir nicht aussuchen. Aber ich entdeckte sie (was ich zum kleineren Teil meinen Eltern und vor allem guten Lehrern verdanke) und erhielt die Möglichkeit, daraus mein eigentliches Wesen zu schaffen: Ich denke (reflektiere), also bin ich. Exakt hier verläuft nach meiner begründeten Meinung die Linie zwischen falscher (vergifteter) und bewusster Männlichkeit.
Während der Schulzeit hatte ich schnell erkannt, dass mir zwei Fächer besonders leicht fielen: Deutsch inklusive Grammatik und höhere Mathematik. Seit dem achten Lebensjahr führe ich ein ausführliches Tagebuch (nach wie vor handschriftlich). Bereits als Zwölfjähriger schrieb ich seitenlange Aufsätze, auch zu natur- und gesellschaftswissenschaftlichen Themen. Dabei schwadronierte ich nicht, sondern hielt mich an die mir vermittelten Sprachregeln, insbesondere hinsichtlich logischer Aussagen und Plausibilität. So landete ich später dort, wo Schreiben und logisches Denken zum Grundhandwerk zählen, nämlich in Wissenschaftsredaktionen und Planungsstäben großer Verlage.
Die berufliche Tätigkeit (mittlerweile aus Altersgründen reduziert) hatte ebenfalls Auswirkungen auf mein Verständnis von Männlichkeit. Auch gegenüber Frauen. Die interessantesten und besten Kontakte pflege ich zu jenen, die ähnliche Auffassungen zur Weiblichkeit wie ich zur Männlichkeit haben. Dabei wird die Anziehungskraft der geschlechtlichen Gegensätze nicht geleugnet, sondern als Bereicherung empfunden. Es gibt auch keine Probleme mit Schwulen, Lesben und Transmenschen. Vorausgesetzt, sie begreifen ihre sexuelle Orientierung nicht als ideologisches Markenzeichen.
Da ich mit der deutschen Sprache gut vertraut bin, empfinde ich das sogenannte Gendern als Zumutung gegenüber allen aufgeklärten Frauen und Männern. Wenn Männer meinen, sie müssten Geschlechtergerechtigkeit dadurch praktizieren, indem sie Frauen auf ein Anhängsel reduzieren (*in bzw. *innen) und Frauen das akzeptieren und übernehmen, überkommt mich ein Fremdschämen.
In diesem Punkt stimme ich überein mit der langjährigen Nestorin der feministischen Linguistik, Louise F. Pusch, die das für eine Hierarchisierung zu Lasten von Frauen hält. Die amerikanische Feministin Claudia Koonz, die über die offizielle Frauenbewegung im NS-Staat forschte, fasste ihre Erkenntnisse in einem 1991 erschienenen Buch zusammen, das die von den Nazis propagierte Frauenrolle zum Titel hat: „Mütter im Vaterland“.
Gottlob Frege hat Abhängigkeit in einem deduktiven Schluss veranschaulicht: Wenn A dann B. Oder: B falls A. A steht im konkreten Fall für Mann, B für Frau.
Klaus Philipp Mertens
Ergänzende Information. Hörfunk
DER TAG. Podcast zum Thema Toxische Männlichkeit
https://www.ardaudiothek.de/episode/der-tag-ein-thema-viele-perspektiven/toxische-maennlichkeit-alarmstufe-alpha/hr/14396735/